Mit dem beyerdynamic Amiron Wireless widmen wir uns einem Kopfhörer der gehobenen Produktklasse. Optisch gibt es durchaus Parallelen zum beyerdynamic MMX300 Gen. 2, die Technik hinter dem hier vorgestellten Kopfhörer ist aber eine komplett andere. Das fängt schon bei den Treibern an und bezieht sich natürlich auch auf die Konnektivität.
Einen analogen 3,5mm Klinke-Eingang besitzt der beyerdynamic Amiron Wireless zwar auch, jedoch kann der Kopfhörer, wie seine Bezeichnung bereits verrät, auch ohne Kabel betrieben werden. Genutzt wird der Bluetooth 4.2 Standard, welcher nicht mehr ganz up to date ist, jedoch liegt der Vorteil von Bluetooth 5.0 nicht in Verbesserungen der Audio-Qualität, sondern in der Effizienz und Reichweite. Beides ist nicht unbedingt von Relevanz, dazu aber später mehr. Sind wir noch beim Thema Bluetooth, muss genannt werden, dass als Codec aptX, aptx HD, aptx LL, AAC uns SBC unterstützt werden. Hervorzuheben sind aptX HD und aptX LL. Während erstgenanntes für die höhere Auflösung sorgt, sorgt LL (= Low Latency) für eine geringe Latenz, was für den TV oder aber auch den PC besonders wichtig ist. Das der Kopfhörer sich preislich aktuell bei rund 600€ bewegt sollte natürlich nicht unerwähnt bleiben.
Für den mobilen Einsatz nicht unwichtig bzw. immer gerne gesehen, ist die enthaltene Transportbox, welche der Hersteller scheinbar universell seinen Kopfhörern und Headsets beifügt. Zu schade wäre es, wenn der sehr hochwertige Amiron unterwegs einen Schaden nehmen würde. Mechanisch ist das eigentlich schwer vorstellbar, denn er wirkt nicht nur durch das Gewicht von ~380g massiv, auch die Aluminium-Scharniere und stabilen Gehäuse untermauern diesen Eindruck. Optisch könnten sich aber schon Kratzer auf den matten Oberflächen erkennbar breit machen.
Ebenso hochwertig wie die Konstruktions-Einzelteile, sind auch auch die Polster und Bespannungen gewählt worden. Die verwendete Füllung der Ohrpolster ist ähnlich wie beim MMX300, wenn nicht sogar identisch. Der Bezug fällt beim Amiron jedoch subjektiv noch weicher aus. Der Kopfbügel ist von ähnlicher Beschaffenheit, jedoch hat man die Innenseite hier mit einem atmungsaktiven Stoff verkleidet, während die äußere Hülle Alcantara gleichkommt. Die Vorspannung des Kopfbügels ist deutlich schwächer als beim MMX300, was für noch mehr Komfort sorgt, allerdings Abzüge beim Halt einfahren lässt. Insgesamt kann man, was den Komfort angeht, hier leichte Parallelen zum Corsair Void RGB Elite Wireless ziehen. Langes Musikhören ist mit dem Amiron Wireless also sehr gut möglich. Dass es sich um erfahrene Hände in der deutschen Manufaktur handelt lässt sich in diesem Kapitel durchaus erkennen.
Selbiges soll aber auch bei der Technik zutreffen. Allen voran natürlich die klangverantwortlichen Treiber. Verwendet wird die sogenannte Tesla-Technologie. Man hat die zugehörigen Treiber so benannt, da sein Aufbau eine sehr hohe Magnetische Flussdichte ("Magnetfeld") erzeugt, welche doppelt so hoch ausfällt wie in den DT-Treibern des Herstellers. Da die Einheit das Tesla ist, ist die Bezeichnung als naheliegend. Weiterhin sollen ein Gehäuse aus Metall abschirmend wirken und ein Präzisionsgewebe die Luftmasse exakt definiert bewegen. In der Summe soll der geschlossene Amiron Wireless mit Bssreflexöffnungen für einen räumlichen und realistischen Klang sorgen können. Ebenso sollen tiefe Bässe erreicht werden können, was der spezifizierte Frequenzgang ebenfalls offenbart. Dieser wird mit 5 Hz bis 40 kHz beziffert.
Erreicht werden soll dieser allerdings nur vollständig, wenn man den Amiron Wireless per Kabel nutzt. In unseren Augen bleibt das Kabel samt Fernbedienung jedoch eher die Notfalllösung. Hört man per Bluetooth Musik, steht nämlich ebnfalls eine umfangreiche Bedienung zur Verfügung. Diese hat der Hersteller mit Touch-Gesten auf der Seite der rechten Hörmuschel umgesetzt. Welche das alles umfasst, klärt ein Blick in die App auf der folgenden Seite. Ansonsten ist zur Bedingung nur eine eingelassene Taste mit Status LED vorhanden, welche das Gerät ein- und ausschaltet. Geladen wird der Kopfhörer über eine USB-C Buchse, was sehr zu begrüßen ist. Der integrierte Akku stellt 1050mAh, welche für 30 Stunden herhalten sollten können. Dieser Wert konnte nicht erreicht werden. Das mag aber auch daran liegen, dass der Amiron Wireless förmlich dazu einlädt, dass man den Pegel aufreißt. Eine Nutzungsdauer von ~25h ist jedoch auch ein sehr guter Wert.
MIY App
Wie es sich für einen Bluetooth-Kopfhörer gehört, kann auch der beyerdynamic Amiron Wireless auf eine App zurückgreifen. Diese heißt MIY und ist für Android und iOS erhältlich. Das entscheidende dieser App ist die Klang-Personalisierung, welche in zwei Stufen erfolgen kann. Zum einen kann lässt sich der Klang des Amiron Wireless schon etwas personalisieren lassen, indem man Geschlecht und Alter angibt. Genauer wird es mit der zweiten Stufe. Hier muss man mit jedem Ohr einen Hörtest vollziehen, bei welchem Töne verschiedener Frequenz und Lautstärke abgespielt werden. Man muss deren gehörte Länge auf dem Display des Smartphones angeben, woraus am Ende dann das Hörvermögen via Algorithmus bestimmt und ein entsprechendes Profil angelegt wird. In der Summe braucht man für den Ablauf nicht mehr als ~5min. Anschließen lässt sich die Personalisierung de- oder aktivieren sowie die Stärke festlegen. Der Hersteller empfiehlt eine Anpassung auf 50%.










Im zweiten Reiter lässt sich eine sogenannte Hörerstatistik einsehen. Hier wird das Tagespensum angezeigt, wobei der Hersteller bzw. die App eine Empfehlung ausspricht. Ob man sich dieser fügt, bleibt jedem selbst überlassen. Interessant ist das Features aber schon.



Das dritte Kapitel hat ebenfalls einen informierenden Charakter. Hier werden einem in aller Ausführlichkeit alle Befehle der Touch-Bedienung offenbart. Wie man sehen kann, wird alles nötige abgedeckt. Vor allem bei der Eingewöhnung ist diese Übersicht hilfreich, da man sicherlich nicht direkt alle Befehle parat hat, aber dennoch nicht in der Anleitung nach blättern muss.










Im letzten Abschnitt kann man noch drei weitere Einstellungen treffen. Zum einen lässt sich die Helligkeit der LED am Gerät justieren. Da man diese sowieso nicht sieht, wenn man das Gerät trägt, kann man sie unserer Meinung nach ruhig auf Dunkel stellen. Zum anderen lassen sich die Sprachansagen und der persönliche Sprachassistent deaktivieren. Hier muss man selbst entscheiden, ob man beim Starten des Kopfhörers jedes mal die Info über den Akkustand und den Verbindungs-Codec übermittelt bekommen braucht.


Mit dem Personaliserungsprozess bietet der Kopfhörer also ein interessantes Feature und auch die integrierte Bedienungsanleitung ist eine gute Idee. Was der ein oder andere evtl. vermissen könnte, ist ein Equalizer. Der Hersteller vertraut seiner Abstimmung des Amiron Wireless und seinem Algorithmus scheinbar so sehr, dass man eine eigene Anpassung des Klangs nicht für notwendig hält. Notfalls muss man hier auf einen Equalizer des Zuspielers zurückgreifen. Der verwendete Sony NW-ZX2 (Kabelbetrieb) sowie das Huawei P20 Lite (aptX HD) könnten diesen bspw. zur Verfügung stellen. Auch am PC (aptX LL) kann mittels Nahimic der Sound angepasst werden, insofern erwünscht.
Klangcheck
Grundsätzlich ließ sich feststellen, dass die Performance des beyerdynamic Amiron Wireless mittels aptX HD gefälliger ist, als via Klinke-Kabel am Sony Hi Res-Player. Der Kopfhörer legt hier nicht nur in puncto Qualität zu, sondern auch was den Pegel angeht. Erstaunlich, da er nur eine Impedanz von 32 Ohm vorweist. Für eine angemessene Fütterung sorgt einmal mehr Tidal HiFi, welches Titel als Losless FLAC mit bis zu 4608 kbit/s (Tidal Masters) liefert. Dies braucht es auch um den Amiron auf den Zahn zu fühlen. Ist man Nutzer von Spotify bzw. anderen Streaming-Diensten mit geringer Audio-Qualität, sollte man sich zweimal überlegen, ob sich die Anschaffung eines "high fidelity" Kopfhörers lohnt.
Wie dem auch sei, den Anfang macht Unsainted von Slipknot. Der Song stellt den Kopfhörer direkt auf die Probe. Gesang, harte Gitarrenriffs, Growlin, ein schnelles Schlagzeug und sogar ein Chor finden sich in einem wilden Wechsel oder sogar gleichzeitig wieder. Ein Problem für den Kopfhörer? Auf gar keinen Fall. Beinahe schon gelassen schüttelt der Amiron den epischen Song aus seinen Ärmeln. Er geht dabei so detailliert an die Sache ran, dass einem nichts entgeht. Beschreibt der Hersteller den Klang als realistisch, zeigt dieser Titel bereits, dass er nicht übertrieben hat.
Nach der Dosis Metal, geht es mit Shoot It Out von T.R.U., 2 Chainz, Sleepy Rose, Worl und Hott Locked N weiter. Der Track wird bestimmt von einem melodischen Bass der inbrünstig wiedergegeben wird, dabei jedoch nicht an Präzision verliert. Auch hier zeigen sich die Mitten sehr natürlich, aber ebenso detailliert, sodass die Stimmen der Rapper echt und klar eingebettet werden. Insgesamt beweist der dabei ein großes Verständnis für Räumlichkeit. Insgesamt macht der Kopfhörer einfach nur Bock.
Neben dem reinen Musik-Hören, sollte der Amiron Wireless aber auch noch weiteren Tests unterzogen werden. Um ihn passend anbinden zu können, wurde der Viflykoo Bluetooth 5.0 Transmitter/Empfänger verwendet, welcher sicherlich nicht das teuerste Gerät ist bzw. nicht in einer Liga mit dem Kopfhörer spielt, aber seinen Zweck hier gut erfüllen konnte. Denn im vorliegenden Fall wurde er mittels Toslink an PC oder TV angeschlossen und konnte die Audio-Signale via aptX Low Latency an den Kopfhörer übertragen. Am TV funktionierte das bereits hervorragend. Egal ob Formel 1 oder Blockbuster, einen Versatz der Geräuschkulisse konnte man nicht wahrnehmen. Natürlich zeigte sich der Kopfhörer auch hier von seiner starken Seite. Er überliefert einem auch hier einen sehr natürlichen Klang, welcher einem das "mitten drin, statt nur dabei" Gefühl vermittelt. Echter Surround Sound wird einem natürlich geboten, die abgelieferte Stereo-Bühne vermittelt aber dennoch ein Gerfühl von Breite und auch Tiefe. Dabei kann man seine eingenommene Sitzposition auch mal verlassen um seinen Flüssigkeitshaushalt wieder auf Vordermann zu bringen. Denn der Empfang des Kopfhörers bleibt auch über keine Distanzen mit Hindernissen stabil.
Da das "Experiment" so gut geklappt hat, sollte der Test am PC folgen. aptX LL soll eine Latenz von 32ms betragen, was für das Gaming eigentlich nicht unbedingt ein Hindernis sein sollte. Auf ging es also mal wieder nach Hope County. Der Ego-Shooter braucht nicht unbedingt die schnellsten Reaktionszeiten, viel mehr profitiert das Spiel von einem guten Klang in soweit, als dass man mehr in das Spielgeschehen eintauchen kann. Genau das ist mit dem Amiron Wireless möglich. Ein paar Schritte mit Cheesburger an der Seite durch das hohe Gras gerannt und schon hat man sich wieder in der offenen Spielwelt verloren. Um es kurz zu fassen: Der Kopfhörer reizt die Tonumsetzung so weit es geht aus, zumindest klang das Spiel bisher mit noch keinem anderen Headset/Kopfhörer so detailliert. Auch eine Runde Counterstrike Global Offensive wurde gewagt. Tatsächlich macht auch hier die aptX LL Funktion einen guten Eindruck, so das Urteil eines nicht kompetitiven Spielers. Die Ortung funktioniert prima und da man den Pegel sehr hoch wählen kann, lassen sich Geräusche schon in weiter Distanz ausmachen. Ob es diese Kombination für Pro-Gamer geeignet ist, sollte selbst verifiziert werden. Auch der Einsatz ist an sich ist schon etwas fraglich für den Premium-Kopfhörer. Es zeigt sich daran aber, dass der Amiron Wireless ein wahrer Allrounder sein kann bzw. könnte.
Fazit
Wie immer schraubt ein hoch angeschlagener Preis auch die Erwartungen in die Höhe. Dies ist auch beim beyerdynamic Amiron Wireless der Fall gewesen. Der Hersteller hat die UVP des Kopfhörers zwar mittlerweile gesenkt, mit veranschlagten ~650€ zählt er jedoch weiterhin zu den Premium-Produkten. Dass man ihn hier jedoch auch in der Tat zuzählen muss, offenbart er schnell, hat man ihn aus der Transportbox befreit. Der Amiron Wireless wirkt massiv und stabil, was auch am Gewicht von 400g liegt, vor allem aber auch an der Materialwahl und Verarbeitung. Insgesamt weist die Konstruktion zwar auch Ähnlichkeiten zu den günstigeren Kopfhörern der DT-Serie oder auch dem beyerdynamic MMX300 auf, allerdings wirken z. B. die Scharniere und Gelenke hier noch einmal etwas vertrauenswürdiger. Die Mischung aus verschiedenen Grau-Tönen und dem matten Aluminium lässt ihn dabei auch edel und schick wirken. Wem das eventuell zu nüchtern ist, der bekommt mit der neueren Copper Variante eine Alternative mit Kupfer-Akzenten geboten.
Das recht hohe Gewicht schlägt sich aber nicht so deutlich nieder, wie man vermuten könnte. Die weichen Polster und Bezüge schmiegen sich sanft an, was aber auch an der geringen Vorspannung des Kopfbügels liegt. Für zu Hause oder eine ruhige Fortbewegung stellt dies aber kein Problem dar. Für den Sport ist der Kopfhörer aber ungeeignet, hierfür ist er aber auch nicht angedacht.
Viel wohler fühlt sich der Amiron Wireless aber eh zuhause. Dafür gibt es zwar auch den Amiron Home, jedoch sorgt die kabellose Variante nicht nur für mehr Bewegungsspielraum, sondern mit der eigenen Audio-Verarbeitung und MOSAYC Klang-Personalisierung eventuell für den besseren Sound. Dieser ist beim Amiron Wireless als sehr natürlich zu beschreiben, wird aber auch durch kräftige Bässe und sehr feinen Höhen gekennzeichnet. Auch bei der Stereo-Bühne macht man ihm nichts vor. In der Summe klanglich einfach grandios. Dass er sich zu Hause vielleicht doch noch etwas wohler fühlt, als unterwegs, liegt daran, dass keine aktive Geräuschunterdrückung vorhanden ist. Passiv ist sie gut, schirmt aber nicht komplett ab. Die Unterstüzung von aptX LL und aptX HD sorgt zudem dafür, dass man Filmen ohne Sprachversatz folgen kann und auch die Qualität beinahe unverfälscht übermittelt wird.
Der beyerdynamic Amiron Wireless ist beinahe ein rundum gelungener Kopfhörer. Einzig der etwas lockere Sitz könnte am Gerät selbst als Kritikpunkt ausgemacht werden. Weiterhin dürfte der Preis bei einigen für Schnappatmung sorgen. Mit ~560€ ist er zwar schon ein gutes Stück günstiger geworden, aber weiterhin alles andere als ein Schnäppchen.
beyerdynamic Amiron Wireless | ||
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