Im Zuge einer internen Beschaffungsmaßnahme stieß das Datenrettungsunternehmen Attingo auf unerwartete Hinweise auf eine mögliche Täuschung bei externen Festplatten. Die Geräte der Marke UnionSine, die über den Amazon Marketplace erworben wurden, erwiesen sich nach Angaben des Unternehmens als alles andere als neu. Dabei geht es nicht nur um den technischen Zustand der Laufwerke, sondern auch um sensible Fragen des Datenschutzes.
Die betroffenen Festplatten wurden während der sogenannten Tech Week bei Amazon gekauft. Ziel war laut Attingo, Ersatzteile für Datenrettungsarbeiten zu beschaffen. Bei der Überprüfung der externen 2,5-Zoll-Festplatten vom Typ UnionSine HD2510 stellte sich heraus, dass die verbauten Laufwerke von Seagate und Western Digital stammten und Seriennummern sowie Firmware-Versionen auf Herstellungszeiträume zurückgehen, die teils mehr als zehn Jahre zurückliegen.
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Besonders brisant: Einige der Festplatten enthielten noch wiederherstellbare Datenfragmente. Die Laufwerke waren offensichtlich gebraucht und nur unzureichend gelöscht worden. Laut Attingo wurde lediglich der Anfang der Platteninhalte überschrieben, was keineswegs einer vollständigen und sicheren Datenlöschung entspricht. Teilweise ließen sich Informationen rekonstruieren, die aus Videorekordern oder anderen TV-Systemen stammen könnten. In einem Fall wurde sogar eine XML-Datei mit Zeitstempel aus dem Jahr 2024 wiederhergestellt.
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Ein weiteres Detail wirft zusätzlich Fragen auf. Die von Attingo untersuchten Festplatten wiesen manipulierte SMART-Werte auf. Diese technischen Diagnosedaten sollen üblicherweise Auskunft über Zustand und Lebensdauer einer Festplatte geben. In diesem Fall waren offenbar gezielt Parameter zurückgesetzt worden, um den Anschein eines fabrikneuen Produkts zu erwecken. Andere Werte, wie etwa die Lesefehlerrate, deuteten jedoch klar auf eine umfangreiche Nutzung hin.
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Der Geschäftsführer von des Unternehmens, Markus Häfele, äußerte sich besorgt über das Ausmaß des Vorfalls. Dass gebrauchte Hardware auf Online-Plattformen gelegentlich als neu deklariert werde, sei bekannt. Die Tatsache, dass dies nun auch im Rahmen einer groß beworbenen Verkaufsaktion bei Amazon geschehen sei, wertet er jedoch als besonders gravierend. Neben den potenziellen Risiken für die Betriebssicherheit weist Häfele auch auf datenschutzrechtliche Probleme hin, da auf den Geräten noch Spuren personenbezogener Informationen vorhanden sein könnten.
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Amazon selbst hat sich bislang nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. Eine Stellungnahme auf Anfrage von Computer Base, die ebenfalls das Thema behandelten, blieb vorerst aus. Auch vom Hersteller UnionSine liegt bislang keine Reaktion vor. Die betroffenen Modelle sind weiterhin über den Marketplace erhältlich. Sollten sich die Angaben bestätigen, dürfte der Vorfall Diskussionen über Produktsicherheit, Qualitätskontrollen und Datenschutz im Onlinehandel weiter anheizen.
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