Ein Reddit-Nutzer meldete bereits vor gut drei Monaten einen Ryzen 7 9800X3D, der weder startete noch eine zur Verpackung passende Seriennummer besaß. Statt das vermeintliche Montagsexemplar zu retournieren, verkaufte er es an Gamers Nexus, und lieferte damit den Ausgangspunkt für eine der kuriosesten CPU-Analysen der letzten Jahre.
Beim optischen Vergleich fiel auf, dass die Leiterplatte zwar grob der AM5-Referenz entspricht, aber mehrere Detailabweichungen zeigt. Die Platzierung der SMD-Kondensatoren orientiert sich an einem Ryzen 5 7600, nicht am 3D-Cache-Topmodell. Zudem fehlt die übliche Schutzschicht über den Kondensatoren, die Platinenfarbe weicht leicht ab, und durchscheinende Via-Bohrungen, wie sie AMD verwendet, sind nicht vorhanden. Alles deutet darauf hin, dass hier keine günstigere CPU umetikettiert wurde, sondern eine eigene Platinenkopie entstand.
Bildquelle: Gamers Nexus
Die nächste Überraschung folgte beim Delidding: Unter dem in ebenfalls nachgefertigtem Heatspreader saß kein aktiver Silizium-Chip. Weder CCDs noch I/O-Die waren verlötet. Stattdessen simulierten Erhöhungen auf dem IHS das Volumen echter Chiplets – genug, um bei schneller Sichprüfung den Eindruck einer regulären X3D-CPU zu erwecken. Auch Gravurschrift und Ausrichtung weichen vom Original ab; offenbar stammt der gesamte Heatspreader aus eigener Fertigung.
Bildquelle: Gamers Nexus
Bisherige Betrugsfälle nutzen meist günstige Modelle derselben Plattform (etwa einen Ryzen 5), schleifen deren Kennung ab und tragen eine höhere SKU nach. Solche CPUs funktionieren, bieten aber weniger Kerne oder Cache. Im aktuellen Fall war das Ziel allein, äußerlich eine 9800X3D zu imitieren; Funktionsfähigkeit spielte keine Rolle. Das spricht für eine Fertigung in Serie – die Investition in maßgefertigte PCBs und IHS lohnt sich erst, wenn mehrere Dutzend oder Hunderte Einheiten abgesetzt werden können.
Was Käufer prüfen können
- Seriennummer & QR-Code: AMDs Verpackungsaufkleber enthält einen QR-Code, der sich online verifizieren lässt. Stimmt die Nummer nicht, sofort reklamieren.
- Gewicht: Eine echte Ryzen-X3D-CPU bringt mit Heatspreader, Lötzinn und Silizium knapp 69 g auf die Waage; Fälschungen ohne Chiplets liegen spürbar darunter.
- Leiterplattendetails: Fehlende Via-Durchkontaktierungen oder ungewohnte Farben weisen auf Replikate hin. Eine Lupe genügt oft.
- Boot-Test: Startet der Rechner nicht oder meldet das BIOS „AMD Unknown CPU“, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Fake oder Defekt.
Bildquellen: Gamers Nexus
Im Zweifel gilt: nicht reparieren, nicht weiterverkaufen, sondern dem Händler zurückgeben und den Plattform-Support einschalten. Gefälschte Prozessoren bleiben bisher Einzelfälle, doch die AM5-Plattform ist jung und preislich attraktiv. Sollten sich Gewinnspannen vergrößern, etwa durch hohe Nachfrage nach den 3D-Cache-Varianten, könnte die Stückzahl solcher Fakes steigen. Online-Marktplätze mit laxen Warenkontrollen sind hier besonders anfällig. Transparente Seriennummer-Datenbanken auf Herstellerseiten sowie konsequente Prüfungen bei Rücksendungen wären wirksame Gegenmaßnahmen.
Videoquelle: Gamers Nexus (Youtube)
Gamers Nexus hat erstmals eine komplett nachgebaute, aber funktionslose AMD-CPU dokumentiert. Der Fall zeigt, dass Kriminelle den Aufwand nicht scheuen, um teure Spitzenmodelle zu imitieren. Käufer sollten daher nicht allein auf äußere Unversehrtheit oder Verpackungssiegel vertrauen. Eine kurze Sicht- und Gewichtsprüfung sowie die Online-Verifikation der Seriennummer reduzieren das Risiko, Opfer einer solch ausgeklügelten Fälschung zu werden – und schützen gleichzeitig den Wiederverkaufswert der eigenen Hardware.
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